2.21 Ramin Haerizadeh, Rokni Haerizadeh, Hesam Rahmanian From March to April…2020
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Diese Bilder werden überlagert von künstlerischen Materialien wie etwa angemischte Farben, benutzte Pinsel, verschieden große Wasserbehälter, aufgeschlagene Bücher und Zeitungen, unzählige übermalte Kopien historischer Fotografien und andere unvollendete Kunstwerke. Zum Teil erzeugen die übermalten Einzelbilder eine sekundenlange Animation. Im Gegensatz zu ihren performativen Arbeiten, treten die Künstler hier selbst nicht auf. Aber wir hören (ihre) männlichen Stimmen, die die Wochentage chorisch aufsagen: „Monday, Tuesday, Wednesday, Thursday, Friday, Saturday, Sunday“. Die gesprochenen Tage überlagern sich zunehmend durch unterschiedliche Tempi und erhalten dadurch einen mantraähnlichen Charakter.
Die Videoarbeit funktioniert wie ein visuelles Tagebuch, auch wenn die Tage nicht datiert sind und der Ausnahmezustand provoziert durch eine globale Pandemie nicht thematisiert wird. Vielmehr reduzieren die Künstler den Alltag bewusst auf zwei wiederkehrende Handlungen – das Essen und die künstlerische Arbeit – und verwenden hierfür den Ess- und Arbeitstisch als zufällig arrangierte Bühne. Als Gesamtkomposition erinnert der von oben gefilmte Tisch an Daniel Spoerris Fallenbilder (Tableau Piège) aus den 1960er Jahre. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch nicht nur das zeitbasierte Medium, sondern die Wiederholung als strukturelles Element in der Videoarbeit. Die Aufnahmen der Handlungen und die gesprochenen Wochentage wiederholen sich, ein kurzes Musikstück und einzelne Verse eines Gedichts des palästinesischen Dichters Mahmoud Darwish werden eingeblendet. Durch die poetischen Einschübe der Verse wie etwa „If I had two hearts / I wouldn’t regret“ oder „If I had two paths / I would choose the third“ entsteht ein gedanklicher Zwischenraum, der die scheinbare Monotonie des Alltags für kurze Zeit durch Literatur unterbricht.
Die Künstler werden in diesen Tagen noch stärker (als sonst) auf sich selbst und ihre Kunst zurückgeworfen. Das gemeinsame Leben und Arbeiten des Trios geht einher mit Ritualen, verdichtet sich in den Arbeitsergebnissen und wird dabei als Prozess für uns im Video nachvollziehbar gemacht. Wir sehen aber nicht nur der Kunst beim Entstehen zu, sondern werden mit einem offenen Ende konfrontiert. Das Video From March to April… 2020 ist in seiner Konzentration auf alltägliche Handlungen weder sozialkritisch noch politisch. Entstanden sind vielmehr persönliche Notationen eines „Nicht-mehr“ oder „Noch-nicht“, eines Zwischenzustandes von Raum und Zeit, eines Resonanzraumes zwischen Verlust und Erneuerung – es sind Dokumente der Flüchtigkeit eines Moments, der immer auch zukünftige Veränderungen in sich trägt.
Ramin Haerizadeh (geboren 1975, Teheran), Rokni Haerizadeh (geboren 1978, Teheran) und Hesam Rahmanian (geboren 1980, Knoxville) leben und arbeiten seit 2009 in Dubai zusammen. Sie arbeiten als Einzelkünstler unabhängig voneinander und propagieren eine Form der Zusammenarbeit die keine Individualität mehr in sich trägt. Sie trafen Mitte der 1990er-Jahre in Teheran aufeinander und jeder entwickelte weiterhin seine eigene künstlerische Handschrift weiter. Einige Jahre später bildeten sie ein loses Kollektiv und bezogen ein Haus in Dubai. Hier entstehen nicht nur ihre organisch wachsenden Gemeinschaftswerke wie etwa Installationen, Filme, Objekte und Skulpturen für Ausstellungen, sondern hier befindet sich auch ihre Sammlung von Kunstwerken, Alltagsgegenständen und gefundenen Objekten. Ihre Ausstellungen sind eine Kombination aus Perfomance, Malerei, Collage, Zeichnung, Videos und Texten, die oftmals in eine raumgreifende und ortsspezifische Installation einfließen. Ihr Interesse gilt auf den ersten Blick den Krisen des Nahen Ostens, der Untersuchung von Machtstrukturen sowie den Themen Exil und Migration in einer historischen Dimension. Dennoch sind ihre Arbeiten bildsprachlich subversiv und kulturell komplex aufgebaut, die auch satirische Szenen beinhalten oder das Absurde der globalisierten Welt offen legen. Zu ihren künstlerischen Strategien und Elementen gehören auch Kostüme, Rollenspiele, performative Objekte und selbst gebaute Mal-Maschinen, die sie bei der Entstehung ihrer raumgreifenden Installationen einsetzen. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Praxis ist der Austausch und die Zusammenarbeit mit befreundeten Kulturschaffenden, Schriftsteller*innen oder Künstler*innen, die sie zu ihren Ausstellungen einladen mitzuwirken.
Ihre Werke wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen sowie Biennalen weltweit gezeigt. Einzelausstellungen der vergangenen Jahre fanden in den folgenden Institutionen statt: in der Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main (2020); im Frye Art Museum, Seattle (2019); im Officine Grandi Riparazioni (OGR), Turin (2018); im MACBA, Barcelona (2017); im Institute of Contemporary Art (ICA), Boston (2015); in der Kunsthalle Zürich (2015) und dem Den Frie Centre of Contemporary Art, Kopenhagen (2015). Zu den wichtigsten Gruppenausstellungen zählen unter anderem die Teilnahme an der 22. Sydney Biennale, (2020); der Toronto Biennial of Art (2019); im Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk (2019); im Guggenheim Abu Dhabi (2017) und an der 9. Liverpool Biennale (2016).
Die Videoarbeit funktioniert wie ein visuelles Tagebuch, auch wenn die Tage nicht datiert sind und der Ausnahmezustand provoziert durch eine globale Pandemie nicht thematisiert wird. Vielmehr reduzieren die Künstler den Alltag bewusst auf zwei wiederkehrende Handlungen – das Essen und die künstlerische Arbeit – und verwenden hierfür den Ess- und Arbeitstisch als zufällig arrangierte Bühne. Als Gesamtkomposition erinnert der von oben gefilmte Tisch an Daniel Spoerris Fallenbilder (Tableau Piège) aus den 1960er Jahre. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch nicht nur das zeitbasierte Medium, sondern die Wiederholung als strukturelles Element in der Videoarbeit. Die Aufnahmen der Handlungen und die gesprochenen Wochentage wiederholen sich, ein kurzes Musikstück und einzelne Verse eines Gedichts des palästinesischen Dichters Mahmoud Darwish werden eingeblendet. Durch die poetischen Einschübe der Verse wie etwa „If I had two hearts / I wouldn’t regret“ oder „If I had two paths / I would choose the third“ entsteht ein gedanklicher Zwischenraum, der die scheinbare Monotonie des Alltags für kurze Zeit durch Literatur unterbricht.
Die Künstler werden in diesen Tagen noch stärker (als sonst) auf sich selbst und ihre Kunst zurückgeworfen. Das gemeinsame Leben und Arbeiten des Trios geht einher mit Ritualen, verdichtet sich in den Arbeitsergebnissen und wird dabei als Prozess für uns im Video nachvollziehbar gemacht. Wir sehen aber nicht nur der Kunst beim Entstehen zu, sondern werden mit einem offenen Ende konfrontiert. Das Video From March to April… 2020 ist in seiner Konzentration auf alltägliche Handlungen weder sozialkritisch noch politisch. Entstanden sind vielmehr persönliche Notationen eines „Nicht-mehr“ oder „Noch-nicht“, eines Zwischenzustandes von Raum und Zeit, eines Resonanzraumes zwischen Verlust und Erneuerung – es sind Dokumente der Flüchtigkeit eines Moments, der immer auch zukünftige Veränderungen in sich trägt.
Ramin Haerizadeh (geboren 1975, Teheran), Rokni Haerizadeh (geboren 1978, Teheran) und Hesam Rahmanian (geboren 1980, Knoxville) leben und arbeiten seit 2009 in Dubai zusammen. Sie arbeiten als Einzelkünstler unabhängig voneinander und propagieren eine Form der Zusammenarbeit die keine Individualität mehr in sich trägt. Sie trafen Mitte der 1990er-Jahre in Teheran aufeinander und jeder entwickelte weiterhin seine eigene künstlerische Handschrift weiter. Einige Jahre später bildeten sie ein loses Kollektiv und bezogen ein Haus in Dubai. Hier entstehen nicht nur ihre organisch wachsenden Gemeinschaftswerke wie etwa Installationen, Filme, Objekte und Skulpturen für Ausstellungen, sondern hier befindet sich auch ihre Sammlung von Kunstwerken, Alltagsgegenständen und gefundenen Objekten. Ihre Ausstellungen sind eine Kombination aus Perfomance, Malerei, Collage, Zeichnung, Videos und Texten, die oftmals in eine raumgreifende und ortsspezifische Installation einfließen. Ihr Interesse gilt auf den ersten Blick den Krisen des Nahen Ostens, der Untersuchung von Machtstrukturen sowie den Themen Exil und Migration in einer historischen Dimension. Dennoch sind ihre Arbeiten bildsprachlich subversiv und kulturell komplex aufgebaut, die auch satirische Szenen beinhalten oder das Absurde der globalisierten Welt offen legen. Zu ihren künstlerischen Strategien und Elementen gehören auch Kostüme, Rollenspiele, performative Objekte und selbst gebaute Mal-Maschinen, die sie bei der Entstehung ihrer raumgreifenden Installationen einsetzen. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Praxis ist der Austausch und die Zusammenarbeit mit befreundeten Kulturschaffenden, Schriftsteller*innen oder Künstler*innen, die sie zu ihren Ausstellungen einladen mitzuwirken.
Ihre Werke wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen sowie Biennalen weltweit gezeigt. Einzelausstellungen der vergangenen Jahre fanden in den folgenden Institutionen statt: in der Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main (2020); im Frye Art Museum, Seattle (2019); im Officine Grandi Riparazioni (OGR), Turin (2018); im MACBA, Barcelona (2017); im Institute of Contemporary Art (ICA), Boston (2015); in der Kunsthalle Zürich (2015) und dem Den Frie Centre of Contemporary Art, Kopenhagen (2015). Zu den wichtigsten Gruppenausstellungen zählen unter anderem die Teilnahme an der 22. Sydney Biennale, (2020); der Toronto Biennial of Art (2019); im Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk (2019); im Guggenheim Abu Dhabi (2017) und an der 9. Liverpool Biennale (2016).
From March to April… 2020, 2020
Einkanal-Farbvideo, Ton
7:46 Min.
Courtesy die Künstler und Gallery Isabelle van den Eynde, Dubai
Text Cynthia Krell
Übersetzung Amy Patton
Foto Ines Könitz
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Einkanal-Farbvideo, Ton
7:46 Min.
Courtesy die Künstler und Gallery Isabelle van den Eynde, Dubai
Text Cynthia Krell
Übersetzung Amy Patton
Foto Ines Könitz